Selbsteinschätzung Reifegrad von Marketing Automation in 2023
Auch dieses Jahr wurden die Studienteilnehmenden gefragt, wie hoch sie den Marketing-Automation-Reifegrad in ihrem eigenen Unternehmen auf der Skala von 0 (sehr tiefer Reifegrad) bis 10 (sehr hoher Reifegrad) einschätzen. Die Abbildung zeigt, dass über ein Drittel der Unternehmen aus ihrer Sicht einen (eher) tiefen Reifegrad von 0 bis 3 haben. Dies ist eine Erhöhung des Reifegrades im Vergleich zum Vorjahr, wo noch fast die Hälfte einen tiefen Reifegrad eingeschätzt haben (Zumstein et al., 2022). Mehr als ein Drittel hat einen mittleren Reifegrad von 4 bis 6 und fast ein Viertel der Unternehmungen hat bei der Automatisierung einen (eher) hohen Reifegrad von 7 bis 10. Im Durchschnitt erhöhte sich der selbsteingeschätzte Reifegrad Schweizer Unternehmen um 0.5 seit letztem Jahr und beträgt somit 4.7 und ist damit also Mittelmass.
Die bimodale "Kamel-Verteilung" in Abbildung 18 zeigt zwei Cluster:
- Die erste Gruppe «Unreife» hat einen (eher) tiefen, selbsteingeschätzten Reifegrad. Dabei handelt es sich häufig um kleine Unternehmen mit wenig Ressourcen, welche erst mit Marketing Automation beginnen oder dies künftig planen.
- Die zweite Gruppe «Reife» hat einen eher hohen, selbsteingeschätzten Reifegrad, wobei hier öfters Grossunternehmen mit viel finanziellen, technischen und personellen Ressourcen vorkommen.
Neben dem selbsteingeschätzten Reifegrad wird auch der berechnete Reifegrad (MAMI) genauer in Kapitel 4 beschrieben. Dabei wird ein Vergleich gezogen zwischen der Selbsteinschätzung und dem berechneten Faktor. Weitere Daten zu den Reifegraden nach Branche oder MA-Tools erhalten interessierte Leser direkt vom Erstautor. Die Abbildung zeigt deutlich auf, dass sich der selbsteingeschätzte Reifegrad von durchschnittlich 4,1 im Jahre 2022 auf 4,7 im Jahre 2023 erhöhte. Der Anteil der «Unreifen» links in grün ist deutlich kleiner geworden, jener mit einer hohen und vor allem mittleren Reife hat zugenommen.
Gründe für einen tiefen Reifegrad in der Marketing Automation
Wenn die Studienteilnehmenden einen tiefen Marketing-Automation-Reifegrad ihres Unternehmens angaben (Wert von 0 bis und mit 3 in Abbildung 18), ist eine Folgefrage gestellt worden, warum der Reifegrad (eher) tief ist. Die qualitativen Aussagen wurden aggregiert und in einer Word Cloud visuell dargestellt (siehe Abbildung 19). Wie bereits ein Jahr zuvor (Marketing Automation Report 2022) wurde am häufigsten genannt, dass das Unternehmen sich noch am Anfang befindet mit der Einführung von Marketing Automation.
Ein Teilnehmender schrieb: «Mit neuen, jungen und digital-affinen Leuten im Unternehmen ist das Thema nun brandaktuell.» Auch fällt auf, dass wie bereits in der Vorjahresstudie vielen Unternehmungen die Ressourcen in Form von Zeit, Geld und Know-how fehlen. Weniger direkt wurde dieses Jahr fehlendes Personal genannt.
Auch die Thematik des fehlenden Marketing-Automation-Tools oder der fehlenden Infrastruktur sind Gründe für einen tiefen Reifegrad. So schreibt z.B. ein grosses Schweizer Versicherungsunternehmen: «Marketing Automation wird aktuell noch sehr dezent betrieben. Einzelne isolierte Prozesse sind automatisiert auf externer Infrastruktur. Wir haben noch keine eigene Infrastruktur.» Ein mittelgrosses Unternehmen schrieb «Bei der Einführung des Tools lag der Fokus auf der technischen Anbindung an die übrigen Systeme. Es gibt noch viel Luft nach oben, was die damit verbundenen Marketingziele (mehr Leads generieren, qualitativ hochwertige Leads generieren) betrifft». Eine weitere Aussage von einem mittelgrossen Dienstleistungsunternehmen: «Uns fehlen die Konnektoren, um alle Systeme miteinander zu verbinden.» Eine Teilnehmende eines B2B-Dienstleistungsunternehmen schrieb: «Wir setzen bislang weder ein CRM-System noch ein Marketing Automation Tool ein.» Ähnlich wie im MA Report 2022 sind teilweise veraltete, inkompatible Systeme und schlechte Datengrundlagen ein Grund für einen tiefen Reifegrad: «Unser CRM nicht aktuell, tendenziell persönlicher Kontakt, wenig Automatisierung.»
Fehlendes Bewusstsein und Verständnis des Themas bei Schlüsselpositionen (z.B. Geschäftsleitung) sowie Fokussierung auf andere Themen erschwert den Ausbau der Marketing Automation in den Unternehmen. Ein Studienteilnehmer schrieb zu ersterem: «Jahrelang wurde in der Marketing Automation nichts unternommen, da das Bewusstsein für das Thema fehlte.» Ein Agenturdienstleister nennt: «Das Verständnis für den Mehrwert der vollen Funktionen des Tools in der Geschäftsleitung nur gering, da das Kerngeschäft (Agenturdienstleistungen) nicht skalierbar ist.» Weiter schrieb ein Digital Marketing Manager: «Das Verständnis für die Relevanz der Automatisierung ist bei den Key-Stakeholders zu tief. Man scheut sich vor Kosten und Aufwänden.»
Eine Teilnehmende aus dem CRM- und Marketing-Automationsbereich beschrieb unter anderem, die Situation des tiefen Reifegrades in ihrem Unternehmen so: «Die Geschäftsleitung versteht nicht, dass Marketing Automation eine Investition ist, die sich auf lange Sicht auszahlt. Sie möchten lieber alles schnell, schnell.»
Das fehlende Know-how und Wissen sind auch dieses Jahr wieder ein aktuelles Thema und wurden häufig erwähnt. Dies veranschaulicht ein Content Manager eines grossen Schweizer Büroausstatters: «Fehlendes Know-How und fehlende Ressourcen führen dazu, dass wenig bis keine Marketing Automation eingesetzt wird.» Ein Teilnehmender eines Delikatessenshops begründet den tiefen Reifegrad darin, dass sie noch nichts zu Marketing Automation umgesetzt haben und das Thema unterschätzt wird: «Es wurde noch nichts umgesetzt. Es fehlt das Know-How und das Thema wird unterschätzt.»
Gründe für einen mittleren Reifegrad in der Marketing Automation
Unternehmen, die den eigenen Reifegrad im Marketing Automation eher als mittelmässig einschätzen, wurden in einem folgenden offenen Textfeld zu den Gründen dazu befragt. Die erfassten Antworten wurden aggregiert und in einer Word Cloud (Abbildung 20) dargestellt.
Bei einem mittleren Reifegrad in Marketing Automation zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei einem tiefen Reifegrad. Häufig wurde erwähnt, dass sie noch in der Anfangs- oder Entwicklungsphase sind. Ein Teilnehmender ist positiv gestimmt: «Es sind noch diverse Tasks zu erledigen, damit Marketing Automation wirklich seine Stärken ausspielen kann.» Ein Teilnehmender eines Technologieunternehmen beschreibt den Entwicklungsstand wie folgt: «Die Daten fliessen bereits zentral ein, es hapert aber an der systematischen Auswertung, um daraus Kampagnen und Automatisierung weiter zu treiben.» Ein Digital Marketing Specialist aus dem Baugewerbe nennt drei Gründe: «Wir haben zu wenig Erfahrung, eine zu kleine Zielgruppen (Nische) erschwert das Testen und es fehlen Schnittstellen.»
Der CEO einer Content Marketing Agentur schreibt: «Wir konnten Neukunden bis heute überwiegend via Word of Mouth und das Netzwerks des CEOs generieren. Nun sind wir dabei, diesen Bereich umzustellen, damit wir weitere Vertriebskanäle aktiv nutzen können.» Ein mittelgrosses Schweizer IT-Unternehmen berichtet: «Wir haben erst begonnen und wir sind aktuell noch am Erfahrungen sammeln, welche Tools in welcher Kombination den meisten Mehrwert generieren.» Ein spannender Insight zum Aufbau von Marketing Automation beschreibt ein anderer IT-Dienstleister: «Es dauerte lange, bis bei den relevanten Mitarbeitern die Erkenntnis gereift ist, dass man noch zu starken Fokus auf die Brand Awareness und traditionelles digitales Marketing setzt, bei welchem Prospects auf die Webseite mit einem Call-to-Action "Download" gelenkt werden.»
Gründe für einen hohen Reifegrad in der Marketing Automation
Bei einem selbsteingeschätzten Reifegrad grösser als sieben auf der 10er Skala wurden die Teilnehmer gefragt, warum sie ihren Reifegrad als (eher) hoch einschätzen. In einer Folgefrage konnten die Teilnehmenden in einem offenen Textfeld eine Begründung für ihre Einschätzung abgeben. Die aggregierten qualitativen Antworten wurden in der Word Cloud (Abbildung 21) visualisiert. Ähnlich wie letztes Jahr (Zumstein et al., 2022) zeigt sich, dass Unternehmungen, die schon seit längerer Zeit sich mit dem Thema Marketing Automation beschäftigen und Erfahrung sammeln konnten. Als wiederkehrender, wichtiger Punkt wurde zudem die Fokussierung auf das Thema innerhalb des Unternehmens genannt.
Ein mittelgrosses IT-Unternehmen im B2B betont den langjährigen Einsatz von Marketing Automation: «Wir setzen schon seit 10 Jahren auf Inbound Marketing, Content Marketing und Automation.» Ein kleineres Dienstleistung- und Kommunikation B2B-Unternehmen schrieb ebenfalls: «Wir haben langjährige Erfahrung von über 30 Jahren im Kampagnen-Management». Ein grosses Handelsunternehmen nennt ebenfalls den Faktor Zeit: «Wir machen das schon seit einiger Zeit und es funktioniert.» Bei einem Unternehmen im Tourismusbereich begründen einen eher hohen Reifegrad in der Automatisierung von E-Mail-Strecken und individualisierten Inhalten: «Alle transaktionellen Mailings sind automatisiert. Einige Werbe-Mailings sind ebenfalls automatisiert. Individualisierte Inhalte werden über einen Recommender Algorithmus in E-Mails sowie in Print automatisch eingebunden.»
Ein mittelgrosses Unternehmen im Baugewerbe begründet seinen eher hohen Reifegrad mittels Benchmarking: «Im Vergleich der Branche sind wir sehr weit fortgeschritten.» Von einem grossen IT-Unternehmen wurde die standardisierte Nutzung und die zentrale Rolle von Marketing Automation notiert: «Marketing Automation wird im gesamten Unternehmen mehr oder weniger standardisiert genutzt und spielt eine zentrale Rolle in all unseren Marketingkampagnen.»
Wie in der letztjährigen Befragung ist Marketing Automation bei einigen teilnehmenden Unternehmen Teil der Geschäftsstrategie oder sie bieten selbst Marketing-Automation-Beratungen oder -Tools an. Dies widerspiegelt sich dann in einem hohen Reifegrad.